Das Internet der 1990er- und frühen 2000er-Jahre war eine völlig andere Welt als das, was wir heute kennen. Es war eine Zeit des Aufbruchs, des Experimentierens – und für viele die erste Begegnung mit der digitalen Vernetzung.
Die Anfänge: Internet in den 1990ern
In den frühen 90er-Jahren war das Internet vor allem ein Ort für Wissenschaftler, Universitäten und Technik-Enthusiasten. Erst mit dem World Wide Web, das 1991 von Tim Berners-Lee vorgestellt wurde, begann das Internet für die breite Öffentlichkeit interessant zu werden.
Typisch waren langsame Modemverbindungen (meist 28.8 oder 56 kbit/s), die beim Einwählen dieses unverwechselbare Pfeifen und Rauschen erzeugten. Seiten luden Bild für Bild – und ein Foto konnte gut und gerne eine halbe Minute brauchen.
Die Gestaltung von Webseiten war schlicht: viel Text, bunte Hintergrundfarben, animierte GIFs und blinkende Schriftzüge. Einfache HTML-Strukturen dominierten, oft mit Tabellenlayouts und Frames.
Bekannte deutsche Webseiten aus dieser Zeit waren zum Beispiel:
- T-Online – einer der größten Internetanbieter in Deutschland
- Heise Online – schon damals eine zentrale Anlaufstelle für IT-Nachrichten
- Spiegel Online – ging 1994 als eines der ersten großen Nachrichtenportale online
Der Aufschwung: Internet um die Jahrtausendwende
Mit der Jahrtausendwende (ca. 1999–2005) wuchs das Internet rasant. DSL ersetzte das Modem, was erstmals „schnelles Surfen“ ermöglichte. Suchmaschinen wie AltaVista oder Yahoo! dominierten, bis Google um 2000 die Szene revolutionierte.
Das Webdesign wurde moderner: Flash-Animationen, aufwändige Intros und grafisch gestaltete Navigationen waren „State of the Art“. Gleichzeitig entstanden die ersten großen Online-Communities, Foren und Chats – etwa in ICQ, Knuddels.de oder Gästebüchern auf privaten Homepages.
Viele erinnern sich auch an Seiten wie:
- Lycos.de – eine der ersten großen Suchmaschinen im deutschsprachigen Raum
- Yahoo.de – Startseite, E-Mail-Anbieter und Suchmaschine in einem
- SchülerVZ (heute offline) – eines der ersten großen sozialen Netzwerke in Deutschland
Fun-Seiten der 2000er
Ein besonderes Phänomen der frühen 2000er waren die sogenannten „Fun-Seiten“ – Onlineportale, die Witze, Kuriositäten, lustige Bilder, Chatverläufe oder bizarre Fundstücke aus dem Netz sammelten. Diese Seiten waren der Vorläufer heutiger Meme-Plattformen und Social-Media-Humorformate.
Eine der bekanntesten und größten deutschsprachigen Seiten dieser Art war slapped.de. Sie bot täglich neue Sprüche, Chatlogs, Zitate und User-Einsendungen – alles rein textbasiert und in einem schlichten Layout. Die Community lebte von Ironie, schwarzem Humor und Kommentarkultur. Slapped.de war für viele Internetnutzer ein täglicher Anlaufpunkt und prägte den Tonfall des frühen deutschsprachigen Online-Humors nachhaltig. Heute ist slapped.de ein Online-Magazin mit allgemeinen Themen. Einige der damaligen Funtexte sind dort aber noch heute auffindbar.
Das Internet als Alltagsmedium
Ab etwa 2003 begann das Internet, wirklich allgegenwärtig zu werden. Online-Shops wie Amazon.de und eBay.de setzten neue Maßstäbe für Handel und Auktionen.
Gleichzeitig entstand das, was später als „Web 2.0“ bekannt wurde: Nutzer konnten nicht mehr nur lesen, sondern selbst aktiv Inhalte erstellen – Blogs, Wikis und soziale Netzwerke begannen das Netz zu prägen.
Das Internet der 90er und 2000er Jahre war laut, bunt, langsam – aber voller Entdeckergeist. Es legte den Grundstein für das digitale Zeitalter, in dem wir heute leben. Wer alte Webseiten im Internet Archive (archive.org) besucht, spürt sofort den nostalgischen Charme dieser Ära: eine Zeit, in der man sich noch über jeden neuen Link, jede GIF-Animation und jeden Witz aus dem Netz freuen konnte.